Eigentlich wollte ich heute zum Rosenmontagszug nach Mainz, um, wie bereits gestern, richtig schön Fasching, Fastnacht, Karneval zu feiern.
Ruzica, das Tief, das derzeit die Luftmassen und die Herzen der Narren heftig bewegt, hatte wohl was dagegen. Sie hat dafür gesorgt, dass in Mainz bei manchen eher so was wie Aschermittwochs- denn Rosenmontagsstimmung herrscht. Jedenfalls verdanken wir die Tatsache, dass der Zug abgesagt wurde, der lieben Ruzica.
Mir hat sie damit sozusagen einen freien Tag beschert und die Möglichkeit, einen neuen Artikel zu schreiben. Das war so nicht vorgesehen.
Jedoch ist Karneval ein schöner Anlass, um über die 5 Dinge zu schreiben, die Sterbende am Meisten bereuen. Warum Karneval?
Leb wohl
Karneval kommt aus dem Lateinischen Carne, vale, zu deutsch Fleisch, leb wohl.
Ein Hinweis auf die nach den Faschingstagen beginnende 40 tägige Fastenzeit der katholischen Kirche, in der in früherer Zeit die Menschen auf essen von Fleisch verzichteten. Daher: „lebwohl Fleisch“, „wir sehn uns wieder nach 40 Tagen.“
Für viele Mensche heute ist es wohl eher eine Auffoderung, das Fleisch nochmal so richtig hochleben und die Sau rauszulassen. Ist auch ok, solang dabei nichts und niemand zu Schaden kommt.
Und ich sehe noch eine dritte Möglichkeit.
„Lebwohl“ muss ja nicht nur „ade“, „und tschüs“, „Auf Wiedersehen“ heißen. Könnte es, wörtlich genommen, nicht auch heißen: lebe gut, lebe freudig, lebe bewusst, kurz: lebe! ?
Wir leben nicht ewig (zumindest hier)
Wir Menschen (da schließe ich mich nicht aus) haben die Tendenz, so zu leben, als währte dieses Leben hier auf dieser Erde in diesem Körper ewig.
Die Möglichkeit des Todes, der das Ende markiert, ist als unumstößliche Tatsache jedem klar.
Und doch wird er oft als Ereignis behandelt, das noch so ewig weit weg ist, so dass wir alle Zeit der Welt haben, um Dinge auf morgen zu verschieben (oder übermorgen, nächste Woche, nächstes Jahr…), deren Ausführung bereits jetzt unser Herz erfreuen könnte. Dinge, die uns am Herzen liegen, deren Wichtigkeit aber hinter den Dingen zurückstecken muss, die wir im Moment für noch wichtiger halten. Und so sind dann oft Begründungen für die aktuelle Unmöglichkeit zu hören wie:
wenn ich erst mal
- die Ausbildung fertig habe, dann werde ich anfangen, das Musikinstrument zu lernen, das mir so gut gefällt
- ein geregeltes Einkommen habe, dann können wir Kinder bekommen
- genügend Geld habe, um mir den neuen BMW mit Schiebedach zu kaufen, dann fängt der Spass an
- in Rente bin, dann werde ich mich meinen Hobbys und Leidenshaften widmen
Und so verschieben wir, vertrösten uns selbst und andere. Und verbringen die meiste Zeit unseres Lebens in einem kahlen, leblosen Wartesaal während wir den Zug des Lebens ständig verpassen, weil wir meinen, es sei nicht der richtige.
Wir warten auf Erlaubnis, darauf, dass wir keine Angst mehr haben, oder bis alles perfekt passt…
„Und wenn sie dann gestorben sind“… dann haben sie zu lange gewartet. Und über dem Warten das Leben vergessen.
5 Dinge, die Sterbende bereuen
Bronnie Ware, eine australische Autorin, hat als Krankenschwester viele Menschen begleitet, die kurz vor ihrem Tod standen. In ihrem Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ hat sie die 5 Dinge, 5 Einsichten über verpasste Gelegenheiten beschrieben, auf die die meisten Sterbenden mit Bedauern zurückblicken.
Was sind die 5 Dinge, die die Sterbenden am meisten bereuten, weil sie sie in ihrem Leben nicht genügend gelebt haben?
Versäumnis Nr. 1
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich wünschte , ich hätte den Mut gehabt, mir selbst treu zu bleiben, statt so zu leben, wie andere es von mir erwarten.[/pullquote]
Grace hat immer das getan, was von ihr erwartet wurde: heiraten, Kinder kriegen, sie opferte sich auf für ihren Mann und den Haushalt. Sie richtete sich ein in ihrer Ehe, und hielt still, als ihr Mann sie tyrannisierte. Sie ist erleichtert, als ihr Mann in ein Pflegeheim kommt.
„Sie dachte, sie könnte danach ein neues Leben beginnen“, schreibt Bronnie Ware in ihrem Buch.
Doch innerhalb kurzer Zeit wird Grace todkrank. Sie bereut das Versäumte zutiefst, macht sich Vorwürfe. Bronnie, ihre Pflegerin, muss ihr versprechen, „dich niemals von jemandem von dem abringen zu lassen, was du machen willst“.
Bronnie Ware sagt dazu: „Das bedauern fast alle Menschen. Es gibt so viele Menschen, die durchs Leben gehen und die meiste Zeit Dinge tun, von denen sie glauben, dass andere sie von ihnen erwarten.“
Kennst Du das auch? Diese ständige Frage im Kopf: „Wenn ich das und das tue, was werden dann die anderen von mir denken? Nein, das kann ich doch nicht tun.“
- „Wenn ich dieses Kleid anzieh, dann bin ich für die Grillparty overdressed, was werden die anderen denken?“
- „Wenn ich meinen dunkelhäutigen Freund heirate, werden meine Eltern ausflippen.“
- „Wenn ich diesen gut bezahlten Job aufgebe, in dem ich mich aber wie eine Marionette fühle, werden mich die Anderen für verrückt erklären. Das kann ich nicht tun.“
- „Wie bringe ich meiner Freundin bei, dass ich den Abend viel lieber allein verbringen wollte als mit ins Kino zu gehen. Sie wird bestimmt enttäuscht, gar beleidigt sein. Dann geh ich halt mit.“
Halte Dir immer vor Augen: nicht die Anderen leben Dein Leben. Dafür bist Du zuständig. Nur Du kannst Dein Leben leben. Niemand sonst macht das für Dich.
Versäumnis 2
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet[/pullquote]
Jahrelang sehnt Margaret den Tag herbei, an dem für ihren gut verdienenden Mann John endlich die Rente beginnt. Nach vielen Streitereien entschließt er sich endlich zu diesem Schritt.
Margaret wird neu lebendig und beginnt, all die Dinge zu planen, die bisher nicht möglich waren. Vor allem all die Reisen, die sie schon immer zusammen machen wollten!
Es kommt nicht mehr dazu, Margaret wird krank und stirbt.
Als auch John ein Pflegefall wird, sagt er zu Bronnie, seiner Pflegerin: „Natürlich habe ich meine Arbeit geliebt, aber wofür? Das wirklich Wichtige – meine geliebte Margaret – habe ich aus den Augen verloren.“
John bereut, dass er zu viel auf seine Karriere gab, zu viel dafür gearbeitet hat.
„Alle Männer, die ich gepflegt habe, haben das gesagt“, sagt Bronnie Ware. „Fast alle haben zu viel gearbeitet und zu wenig gelebt – weil sie Angst hatten, nicht genug Geld zu verdienen, oder ihrer Karriere wegen.“
Bist Du mit dem, was Du tust zufrieden?
Lässt Dir Dein Arbeitspenusm genügend Raum, zu leben, Familienleben und Freundschaften zu pflegen, nimmst Du Dir genügend Zeit, für das was Du mit dem Herzen tust?
Wenn Deine Arbeit dazugehört, ok. Ansonsten nimm Dir auch Zeit für die schönen Dinge des Lebens, für das, was Dich wirklich erfüllt, worin Du einen Sinn siehst. Hinterfrage den Gedanken „ich muss so viel arbeiten, um…“ Ist das wirklich so wichtig?
Irgendwann kommt die Frage zu spät
Versäumnis 3
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen[/pullquote]
Jozsef, hat den Holocaust überlebt. Er zieht nach dem Krieg mit seiner Frau nach Australien. Als er kurz vor seinem Tod steht, wird ihm bewusst, dass er in seinem Leben besonders seiner Familie nie all seine Gefühle gezeigt hat. Zu Bronnie Ware sagt er:“Ich hätte mir gewünscht, dass meine Familie mich wirklich gekannt hätte.“
„Viele Menschen unterdrücken ihre Gefühle um des lieben Friedens willen“, sagt die Pflegerin. „Das führt dazu, dass sich viele in einer mittelmäßigen Existenz einrichten und nie zu dem werden, was sie hätten sein können.“
Starke Worte.
Mittelmäßige Existenz – könnte man auch übersetzen mit: Ungelebtes Leben.
Wir verbergen unsere Gefühle, vergraben sie unter dem Berg unserer Vernunft, aus Angst, aus dem Rahmen zu fallen, für verrückt erklärt zu werden oder Andere damit zu überforden. Was wir dabei verlieren ist unsere Echtheit, unsere Spontaneität und Lebendigkeit. Was wir dem Anderen damit vorenthalten ist das Geschenk unserer Ganzheit.
Heute morgen im Radio hab ich einen schönen Spruch gehört:
Vernünftig sein ist wie tot. Nur früher. Klick um zu Tweeten
Versäumnis 4
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden gehalten[/pullquote]
Doris hatte zu iherer Tochter früher ein sehr enges Verhältnis. Bronnie Ware gegenüber gestand sie kurz vor ihrem Tod: „Ich dachte, diese Nähe würde immer bleiben.“ „Aber das Leben und unsere Geschäftigkeit kamen dazwischen.“ Auch die Freundschaften von Doris bestehen nicht mehr, zu früheren Freunden besteht kein Kontakt mehr.
„Viele meiner Patienten bedauerten, dass sie nicht genügend Zeit in ihre Freundschaften investiert hatten“, sagt Ware. „Jeder vermisst seine Freunde, wenn er stirbt.“
Wir sind nicht als Eremiten geboren und taugen auch nicht dafür (jedenfalls die Allermeisten).
Wir brauchen die Gemeinschaft und die Freundschaft, wenn wir wirklich ein erfülltes Leben leben wollen. Freunde können Stütze sein und Halt in schwierigen Stunden, wir können zusammen lernen und mit ihrer Hilfe vorwärts kommen.
Der Mensch wird am Du zum Ich Klick um zu Tweeten sagt Martin Buber.
Stell Dir öfter die Frage, ob das, was Du einer freundschaftlichen Begegnung vorziehst, tatsächlich wichtiger ist. Und ob Du für Andere wirklich eine Zumutung bist, wenn es Dir mal nicht so gut geht. Oder ob Du ihnen auch hier nicht eher das Geschenk Deines Da-Seins vorenthältst.
Versäumnis 5
[pullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Ich wünschte, ich hätte mir mehr Freude gegönnt[/pullquote]
Rosemary hatte jung geheiratet und war in ihrer Ehe körperlichen und seelischen Mißhandlungen ausgesetzt. Nach einer besonders gewaltvollen Auseinandersetzung brach sie aus ihrer Ehe aus.
Obwohl sie einen guten Grund dafür hatte, war die Scheidung ein Skandal.
Um den Ruf ihrer Familie nicht zu schädigen, zog sie in eine andere Stadt und rettete ihr Selbstwertgefühl, indem sie Karriere machte und als erste Frau in ihrem Bundesstaat einen sehr hohen Managerposten innehatte.
Sie war es gwohnt, den Leuten zu befehlen, was sie zu tun hatten, und sie genoss ihre Macht, die ihre einschüchternde Art ihr verlieh.
So auch anfangs gegenüber Bronnie Ware, die sie pflegte, nachdem sie schwer krank geworden war. Nach und nach bröckelt diese Fassade und Rosemary kommt zu der Erkenntnis: „Ich wünschte mir, ich hätte mir gestattet, glücklicher zu sein. Was für ein jämmerlcher Mensch ich gewesen bin. Ich hab einfach gedacht, dass ich kein Glück verdiene. Aber ich verdiene es, das weiß ich jetzt. Mir wurde klar, dass es überhaupt keinen Grund gibt, Schuldgefühle zu haben, weil man glücklich ist.“
Ware sagt dazu: „Glücklichsein ist eine Entscheidung. Wir können uns selbst aussuchen, worauf wir unseren Blick richten. Und ich freue mich über jeden Tag, den ich lebe.“
Wie oft versagen wir uns Freude und Glück, weil wir glauben, es nicht verdient zu haben. Oder wir fühlen uns schuldig, weil wir glücklich sind, während es anderen so schlecht geht. Oder wir schauen auf die Dinge, die fehlen, statt auf die, die da sind, auf die Kratzer und Flecken statt auf die Schönheit des Ganzen.
Glücklich oder unglücklich fühlen – es ist Deine Entscheidung. Entscheide Dich immer wieder dafür, glücklich zu sein, das Schöne zu sehen. Bevor Du es irgendwann bereust.
Tu, was Du wirklich willst
Von diesen “ 5 Dinge, die die Sterbenden am meisten bereuen“, ist für mich der erste Punkt am Bedeutendsten. Mir ist es wichtig geworden, mich immer wieder zu fragen, ob das, was ich tue, das ist, was ich tun will. Oder ob ich es tue, weil ich denke, dass andere es von mir erwarten.
Bronnie Ware hat aufgrund iherer Erlebnisse mit den Sterbenden für sich beschlossen, nur noch das zu tun, was sie wirklich will. Sie sagt: „Ich weiß ja, was ich sonst bereue“.
Welcher Punkt der 5 Dinge ist für Dich der bedeutsamste? Oder lebst Du bereits so, dass Du jederzeit sterben könntest, ohne etwas zu bereuen? Ich bin gespannt, zu erfahren, was Dich bei diesem Thema bewegt. Schreib einen Kommentar dazu.
In diesem Sinne, Carne vale, lebe wohl, lebe gut, lebe!
Peter
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